Sagnac, Michelson & Co
Relativität zum "Anfassen"
Rüdiger Rodloff
Hintergrundbild - DLR - Experimental-Laserkreisel - ELSY
Das Michelson-Experiment - ein Fehlschlag mit großer Wirkung
.... oder: wie misst man 10 exp-16 sec ? (hier klicken)
Albert Abraham Michelson
19.12. 1852 (Strelno, Provinz Posen) - 9.5. 1931 (Pasadena Kalifornien)
1907 Nobelpreis für Physik
Messungen zur Lichtgeschwindigkeit und zum Nachweis des Äthers als Trägermedium der Lichtwellen.
(mehr)
Ende des 19. Jahrhunderts beschäftigten sich die Physiker mit der Natur des Lichtes; es ging insbesondere um Frage ob es - ähnlich wie bei der Schallwelle - ein Trägermedium für Licht bzw. für elektromagnetischen Wellen gibt.
Man nannte dieses Medium Äther. (Einige aus der physikalischen Querdenkerszene suchen heute noch danach !)
Eine unter den Physikern des 19. und Anfang des 20.Jahrhunderts weit verbreitete Vorstellung war es, dass dieser "Äther" das gesamte Weltall ausfüllt und die Erde sich durch dieses "Äthermeer" mit einer Geschwindigkeit von ca. 30 km/sek auf ihrem Weg um die Sonne bewegt. (Wenn man die Bewegung unserer Galaxie berücksichtigt, dann ist sie sogar mit 200km/sek unterwegs !)
D.h. die Erde müßte einem ganz erheblich "Ätherwind" (wohl besser "Äthersturm") ausgesetzt sein, der eine Lichtwelle - je nach Laufrichtung - entweder abbremst oder befördert.
Die Grundidee war, eine Lichtwelle einmal in (Äther-)Windrichtung und einmal senkrecht dazu laufen zu lassen und die Laufzeit zu bestimmen. Wenn sich das Licht im Äther so verhält wie der Schall in der Luft, dann sollte sich für die beiden Ausbreitungsrichtungen ein Unterschied ergeben!
Michelson verwendete dazu den folgenden Versuchsaufbau:
Da es sich um eines der wichtigsten Experimente in der Physikgeschichte handelt, will ich Ihnen das Orginalbild nicht vorenthalten:
Etwas übersichtlicher und deshalb vielleicht einfacher zu verstehen, ist die folgende Prinzipskizze:
Die Sache mit dem "Interferenzstreifenmuster" müssen Sie hier noch nicht verstehen; eine detaillierte Erklärung finden Sie weiter unten!
Ein von der Lichtquelle ausgehender Lichtwellenzug wird am Strahlteiler (halbdurchlässiger Spiegel) aufgeteilt. Das Gerät ist so ausgerichtet, dass der optische Weg zwischen Strahlteiler und Spiegel 1 parallel zur Bewegungsrichtung der Erde und der Weg zum Spiegel 2 senkrecht dazu verläuft.
Nach einer gewissen Laufstrecke - bei Michelson waren es 11m (!) - werden die Lichtwellenzüge an den Spiegeln 1 und 2 reflektiert, laufen zurück zum Strahlteiler, werden dort überlagert und formen ein Interferenzstreifenmuster.
D.h. nach Michelsons Vorstellung ist der Lichtwellenzug auf dem Weg zum Spiegel 1 einem erheblichen Gegen(Äther)Wind ausgesetzt, auf dem Rückweg einem entsprechenden Rücken(Äther)Wind und er hoffte mit diesem Versuchsaufbau die Auswirkungen dieses Ätherwindes nachweisen zu können
In Ruhe sieht die Sache in etwa so aus :
Das Michelson-Interferometer:
Von einer Lichtquelle läuft einen Lichtstrahl zu einem Strahlteiler; dort wird er aufgespalten. Die beiden Teilstrahlen laufen senkrecht zueinander zu einem Spiegel, werden dort reflektiert und anschliessend am Strahlteiler wieder überlagert.
Je nach der Laufwegslänge in den beiden Teilstrecken, treffen die Lichtwellen am Strahlteiler mit einer bestimmten Phasenlage aufeinander, - im Beispiel haben wir angenommen, dass die Lichtwellenzüge gleichphasig am Strahlteiler ankommen und gleichphasig den Strahlteiler wieder verlassen.
Um deutlich zu machen, dass das Signal eine Lichtwelle mit einer festen Wellenlänge ist , habe ich als Symbol für das "Signal" ein Stück "Perlenkette" gewählt. Je kleiner die Perlen, d.h. je kürzer die Wellenlänge des verwendeten Lichtes ist, um so genauer lässt sich eine relative Laufwegsveränderung zwischen beiden Wegstrecken nachweisen.
So und jetzt setzen wir die ganze Maschine 'mal in Bewegung:
Der Laufweg in den beiden Armen von Michelsons Interferometer betrug 11m, also hin und zurück 22m. Bei einer Geschwindigkeit der Erde von 30km/sek, einer Lichtgeschwindigkeit von 300 000 km/sec und einer Lichtwellenlänge von 0,45 mikrometer erwartete er eine Phasenverschiebnung von etwa 0,4 Interferenzstreifen (= Perlen).
Die genaue Berechnung dazu finden Sie unten!
Konfiguration I ist die Anordnung die Michelson vor Augen hatte: der Experimentator bzw. der Beobachter bewegt sich mit dem Gerät durch den "Äther"
Konfiguration II soll der Vollständigkeit halber mit betrachtet werden, - ein Experiment dieser Art ist mir aber nicht bekannt.
.... und wie Sie sehen, können wir eine kleine Laufwegsverschiebung zwischen den beiden Lichtwellenzügen am Ausgang des Interferometers erwarten !
Wenn man mit Michelson von der Existenz eines "Äthers" als Träger von Lichtwellen ausgeht, müssen wir grundsätzlich zwei unterschiedliche Konfigurationen voraussetzen:
--> I. Im ersten Fall bewegt sich der Beobachter mit dem Gerät;
--> II. Im zweiten Fall befindet sich der Beobachter außerhalb des Gerätes, - er "ruht" im Äther und das Gerät bewegt sich relativ zum Beobachter.
In beiden Fällen bewegt sich das Gerät (Interferometer) mit der Geschwindigkeit v durch den Äther.
Konfiguration I: Mitbewegter Beobachter:
1. Das Michelson Experiment bewegt sich mit der Geschwindigkeit v;
2. der Beobachter wird mitbewegt;
3. Es existiert ein Ätherwind im Gerät
Konfiguration II: Ruhender Beobachter
Nach den Prinzipien der klassischen / vorrelativistischen Physik sollte es auch möglich sein, dass ein gegenüber dem Messystem ruhender Beobachter einen Laufwegseffekt feststellt; dazu wird noch nicht einmal die Hypothese eines Ätherwindes benötigt !
1. Das Michelson Experiment bewegt sich mit der Geschwindigkeit v;
2. der Beobachter ruht außerhalb des Experimentes.
3. Es existiert kein Ätherwind im Gerät
Konfiguration I
- das Interferometer wird von einem Ätherwind durchströmt der Beobachter ist mitbewegt: (Das ist die Konfiguration die Michelson bei seinen Experimenten eigentlich vor Augen hatte!)
In dieser Konfiguration ist der gesamte Experimentalaufbau, das Interferometer und die Lichtquelle, ortsfest gegenüber dem Beobachter; einzig der gesuchte "Äther" ist in Bewegung. Nach Michelsons Vorstellung muß sich der Lichtwellenzug auf dem Hinweg zwischen Strahlteiler und Spiegel 1 gegen einen Ätherwind durchsetzen, so daß seine resultierende Geschwindigkeit reduziert ist; sie beträgt c-v . Die Laufzeit für den Hinweg verlängert sich also. Oder als Formel (L: Laufweglänge; c: Lichtgeschwindigkeit; v: Geschwindigkeit des Gerätes gegenüber dem Äther)
Auf dem Rückweg vom Spiegel 1 zum Strahltreiler wird die Geschwindigkeit des Lichtwellenzuges durch den (Rücken-) Ätherwind auf c+v erhöht, d.h. die Laufzeit dt- für den Rückweg beträgt:
Die Gesamtlaufzeit zwischen Strahlteiler, Spiegel 1 und zurück ergibt sich jetzt aus der Summe von dt+ und dt- :
oder nach nach einigen Umformungen: mit:
Dieses Ergebnis merken Sie sich bitte, - wir wollen uns zunächst noch die anderen möglichen Konfigurationen ansehen.
Konfiguration II
- in dieser Konfiguration befindet sich der Beobachter außerhalb des Messystems, d.h.das Interferometer ist relativ zum Beobachter in Bewegung, während der "Äther" in Ruhe ist.
Lassen Sie uns die Laufzeiten des Lichtwellenzuges zwischen Strahlteiler und Spiegel 1 etwas genauer ansehen.
Die gesamte Wegstrecke in Bewegungsrichtung ("Hinweg") ergibt sich auf folgende Weise: Während der Lichtwellenzug in der Zeit dt+ die Strecke L mit der Geschwindigkeit c durchläuft, bewegt sich der gesamte Aufbau um v.dt+ weiter; dieses Wegstück muß der Wellenzug zusätzlich zurücklegen.
Die gesamte optische Wegstrecke für den "Hinweg ergibt sich dann zu:
Die Laufzeit dt+ für den Hinweg lässt sich leicht daraus ableiten:
In diesem Fall bewegt sich der Strahlteiler dem Lichtwellenzug entgegen, der Laufweg L wird dadurch um das Wegstück v.dt- kürzer:
.. und dieser Ausdruck läßt sich ebenfalls sehr leicht nach der Laufzeit dt- auflösen:
Die Gesamtlaufzeit zwischen Strahlteiler, Spiegel 1 und zurück ergibt sich jetzt aus der Summe von dt+ und dt-:
oder:
... entschuldigen Sie, dass ich hier diese trivialen Umformungen so ausführlich darstelle, aber ich wollte Ihnen wenigstens einmal die Herkunft des "berühmten" zeigen !
"Tp" steht für die Gesamtlaufzeit (hin und zurück) und der Index "p" bedeutet: parallel zum Geschwindigkeitsvektor v
So, jetzt wissen wir sowohl für den ruhenden, als auch für den mitbewegten Beobachter wie lang der Lichtwellenzug parallel zur Bewegungsrichtung des Interferometers (Strahlteiler --> Spiegel1 --> Strahlteiler ) unterwegs ist und könen damit - theoretisch !- darüber etwas aussagen, mit welcher Geschwindigkeit v sich das Interferometer gegenüber dem von MIchelson postulierten "Äther" bewegt. Der Effekt ist zwar sehr klein - proportional zu (v/c)2 - aber er sollte meßbar sein ! (s.u.)
Sind Sie eigentlich erstaunt, dass in beiden Fällen die gleichen Laufzeiten herauskommen, obwohl wir doch sehr unterschiedliche Voraussetzungen gewählt haben ? Einmal mit (hypothetischem) "Ätherwind", einmal ohne! Einmal mit ruhendem Beobachter das andere mal ist er mitbewegt !
Aber egal, - für eine vollständige Beschreibung müssen wir jetzt noch ermitteln, welche Laufzeit in der dazu senkrechten Richtung (Strahlteiler --> Spiegel 2 --> Strahlteiler) zu erwarten ist.
Bevor wir das tun, sollte ich noch kurz auf die Frage eingehen, warum Michelson und Morley zwei verschiede Laufzeiten untersuchten: Eine parallel zur Bewegungsrichtung (Strahlteiler --> Spiegel 1) und eine senkrecht dazu (Strahlteiler --> Spiegel 2) ?
Bei dem historischen Versuch ging es um die Frage, ob die Geschwindigkeit der Erde auf ihrer Umlaufbahn um die Sonne ( ca. 30 km/sek !!!) einen Einfluß auf die Laufzeit hat.
Da das "Transportfahrzeug Erde" nicht einfach angehalten werden kann, um den Einfluß der Geschwindigkeit zu beobachten, wurde das Gerät um 90 Grad gedreht, d.h. die Rolle der beiden Laufstrecken wurden vertauscht und Michelson hoffte einen relativen Unterschied zwischen den Laufzeiten beobachten zu können.
Wie das im einzelnen funktioniert erläutere ich Ihnen gleich.
Zunächst mal geht es um die Frage mit welcher Gesamtlaufzeit (hin und zurück) auf der zweiten Strecke senkrecht zur Bewegungsrichtung zu rechnen ist.
Hier begegnet uns eine weitere Schwierigkeit: - wie lang ist denn eigentlich die Strecke senkrecht zur Bewegungsrichtung?
Einfach nur der Abstand zwischen dem Strahlteiler und Spiegel 2 ?
So einfach ist es leider nicht. Die folgende Skizze zeigt warum:
Skizze aus der Arbeit von Albert A. Michelson und Edward W. Moreley aus dem Jahr 1887
Das der Laufweg senkrecht zur Bewegungsrichtung des Gerätes sich ebenfalls proportional zur Geschwindigkeit verlängert, hatte Michelson bei seiner Auswertung zunächst übersehen !
Während der Lichtwellenzug zum Spiegel 2 unterwegs ist, bewegt sich das Gerät um die Strecke v.dts weiter; dadurch vergrößert sich der Laufweg.
Nach Pythagoras lässt sich in dem rechtwinkligen Dreieck
(c.dts - v.dts - L ) die Seite c.dts berechnen:
Für den Hin- und Rückweg ergibt sich daraus die Gesamtlaufzeit:
Diese Herleitung der Signallaufzeiten Tp und Ts findet sich so in fast allen Lehrbüchern, sie ist aber äußerst problematisch!
Warum der Lichtstrahl bei der Reflexion am Strahlteiler in Richtung Spiegel 2 das Reflexionsgesetz verletzt, bleibt unklar. Auch der Hinweis von A.Sommerfeld (Vorlesungen über theoretische Physik Bd. IV, §13, Seite 61 ) auf die Gesetzmäßigkeiten der Reflexion am bewegten Spiegel macht deutlich, das sich dabei auch die Frequenz des Lichtwellenzuges ändert, was zu einer Schwebung am Interferometerausgang führen müßte.
Frequenzverschiebungen durch Reflexion am bewegten Spiegel hätten übrigens auch bei der Herleitung der Laufzeit Tp berücksichtigt werden müssen ! Spätestens an dieser Stelle müßte der Verdacht aufkommen, dass die gesamte klassische Beschreibung des Michelsoneffektes "problematisch" ist, - aber wir bleiben jetzt dabei, denn wir befinden uns damit
1. in guter Gesellschaft und
2. sollten wir an dieser Stelle auch nicht allzuviel "Gehirnschmalz" investieren, denn das ganze Thema wird sich später, - aus der Sicht der Relativitätstheorie ! - ohnehin als gegenstandslos entpuppen !
Hier stellt sich die Frage, ob der Laufzeiteffekt des Michelson-Experimentes mit einem anderen, langsameren Signal nicht hätte vergrößert werden könnte ? Wenn wir z.B. statt Licht eine Schallwelle verwenden würden, dann wäre bei einer Schallgeschwindigkeit von 300 m/sek und denselben Daten wie oben, die Laufzeitdifferenz erheblich größer, nämlich: 733 sek ! (Wir werden im Kapitel Details für den Sagnaceffekt die Frage untersuchen, ob eine Alternative zu Lichtwellen überhaupt möglich ist!)
Das sollte sich leicht messen lassen: Warum also hat Michelson nicht eine Schallwelle benutzt ?
Na, ganz einfach! Er wollte etwas über das Licht herausfinden und nicht über Schall ! Wir kommen darauf zurück.
Jetzt haben wir alle Teile beieinander, um die Differenz zwischen den Laufzeiten parallel (Tp) und senkrecht (Ts) zur Bewegungsrichtung zu bestimmen:
Wenn man nun noch bedenkt, dass der Michelson seinen Aufbau um 90 Grad gedreht hat, die beiden Arme seines Gerätes also die Rollen getauscht haben, dann muß der zu erwartende Laufzeitunterschied noch mit dem Faktor 2 multipliziert werden.
Sie sehen, dass wir es mit einen verdammt kleinen Effekt zu tun haben ! Hier ein Beispiel; wir nehmen an:
Laufweg L = 11 m (in etwa wie bei Michelson! Details hier)
Geschwindigkeit des Michelson-Gerätes v = 30 km/sek ( entspricht der Geschw. der Erde um die Sonne)
Lichtgeschwindigkeit: c = 300 000 km/sek
Rechnen Sie's nach, - ich komme auf eine Laufzeitdifferenz von etwa 2xTo = 7,2 . 10-16 sek
(7,2. 10-16 Sekunden - können Sie mit keiner Stoppuhr der Welt messen !!! Die besten Atomuhren haben eine Genauigkeit von 10-16 Sekunden! )
Wie - um Gottes Willen - mißt man derart kleine Laufzeitdifferenzen ?
Lassen Sie uns 'mal genauer hinsehen, vielleicht gibt es ja eine Chance:
1. Es geht bei unserer Laufzeitdifferenz nicht um die absolute Genauigkeit, sondern "nur" um einen relativen Unterschied !
2. Durch Verwendung von Licht als Messignal haben wir wegen der hohen Lichtgeschwindigkeit (c = 300 000 km/sek) zwar das Problem. dass der Laufzeitunterschied ziemlich klein ausfällt, aber wegen der kurzen Wellenlänge von ca. 0,5 mikrometer steht uns auch ein sehr feiner Massstab zur Verfügung !
Also noch einmal: 7,2.10-16 sek Laufzeitdifferenz entspricht einem Laufwegsunterschied von
d = 2 c To = 2,2.10-7 m = 0,22 mikrometer
Bei einer Wellenlänge von 0,5 mikrometer entspricht dies einer Verschiebung des Lichtwellenzuges um 0,44 Wellenlängen - und das kann man ganz einfach messen und zwar auf folgender Art:
Wir stellen uns die beiden Lichtsignale als Wellenzug vor - so ähnlich wie ein Stück Wellblech:
Im Folgenden habe ich zwei Lichtwellenzüge der Einfachheit halber als zwei Strichmuster dargestellt:
Diese beiden Lichtwellenzüge werden nun um einen sehr kleinen Winkel verkippt und überlagert (= interferiert).
Dabei entstehen Überlagerungsmuster aus hellen und dunklen Streifen, ein sog. "Interferensstreifenmuster"; in diesem Fall senkrecht zum Verlauf der Wellenfronten;
Je nachdem ob bei der Überlagerung die Wellen gleichphasig ("Schwingungsbauch" auf "Schwingungsbauch") oder gegenphasig ("Schwingungsbauch" auf "Schwingungstal") aufeinandertreffen vertärken sie sich, oder löschen sich aus. Im Bild oben wird ein Interferenzstreifen durch eine breite dunkle Linie dargestellt.
der Abstsand zwischen den Interferenzstreifen ändert sich mit dem Überlagerungswinkel zwischen den Wellenzügen; je größer der Winkel, um so dichter rücken die Interferenzstreifen zusammen - so wie hier:
Wenn die überlagerten Wellenzüge gegeneinder verschoben werden, dann verschieben sich auch die Interferenzstreifen.
Oder genauer: bei einer Verschiebung der Wellenzüge um eine Wellenlänge verschieben sich die Interferenzstreifen um eine Streifenbreite.
In der folgenden Animation wird der obere Wellenzug um ca. 3 "Wellenlängen" (Striche) gegenüber dem unteren hin und her geschoben; die Bewegung des Wellenzuges ist kaum sichtbar, die des Interferenzstreifenmusters aber sehr gut:
Etwas konkreter sieht die Überlagerung der Wellenzüge zu einem Interferenzstreifenmuster bei einem Interferometer in etwa so aus:
Damit hätten wir das Verfahren gefunden mit dem man die oben diskutierten winzigen Laufzeit- bzw. Laufwegsdifferenzen messen kann. Eine Verschiebung von 0,44 Wellenlängen zwischen den beiden Lichtwellenzügen sollte zu einer Verschiebung der Interferenzstreifen von 0,44-Streifenbreiten führen.
Das müßte eigentlich sehr gut zu beobachten sein!
Genau das dachte sich Michelson auch, aber als er das Experiment im Jahre 1881 durchführte und zusammen mit Moreley im Jahr 1887 in verbesserter Form wiederholte, beobachtete er
- nichts !!!
So, jetzt sind wir an dem Punkt angelangt, an dem sich bis heute einige Queerdenker festhalten !
Wir haben in Anlehnung an Michelson - auf sehr überzeugende Weise wie ich finde - eine Effekt hergeleitet, den es offensichtlich garnicht gibt ! Und zwar weder für den mitbewegten Beobachter (s.o.) noch für den ruhenden (s.o.)
Michelson selbst hat bis an sein Lebensende (1931) sein Experiment wiederholt und verfeinert, am Ergebnis hat das aber nichts geändert: eine Interferenzstreifenverschiebung, oder eine irgendwie gearteter Einfluß des Äthers war beim besten Willen nicht zu beobachten. Ähnliche Experimente mit ständig verbesserter Messtechnik werden bis bis heute ständig wiederholt (mehr), das letzte mal im Jahr 2009 mit einer relativen Genauigkeit von 10exp-17, aber ein Effekt wie Michelson ihn erwartete, lässt sich nicht nachweisen.
Seine Zeitgenossen haben die unterschiedlichsten Theorien zur Erklärung dieses "Nullresultates" aufgestellt, oder weitere erklärende Experimente durchgeführt , - eine gute Zusammenfassung findet sich hier - aber übrig geblieben ist letztlich nur die spezielle Relativitätstheorie von Albert Einstein mit der alle bis heute bekannten Phänomene rund um die Lichtausbreitung widerspruchsfrei beschrieben werden können.
Eine besonders auffällige Unklarheit sollte ich vielleicht noch ansprechen:
Wir haben zu Beginn dieses Kapitels zwei Konfigurationen für das Michelson-Experiment definiert. -
1. eine für den mitbewegten Beobachter, der hoffte einen "Ätherwind" nachweisen zu können und
2. eine für den außerhalb des Experimentes ruhenden Beobachter, der versuchte über eine Art Wettlauf zwischen Lichtwelle und
Spiegelsystem eine Information über die Geschwindigkeit v des Interferometers zu gewinnen.
Wie Sie wissen, ging das Experiment für beide Konfigurationen negativ aus! *)
Der mitbewegte Beobachter schließt daraus, das seine Vorstellung von einem "Äther" wohl falsch ist, dass es diesen Äther nicht gibt und deshalb auch keinen Laufzeiteffekt.
Aber aus welchem Grund kann auch der außerhalb des Interferometers ruhende Beobachter keinen Laufzeiteffekt beobachten ? Aus Sicht der klassischen Physik gibt es keinen Grund, warum der "Wettlauf" zwischen der Lichtwelle und dem Spiegeln des Messystems, - so wie oben beschrieben - nicht stattgefunden haben sollte?
Ich lasse diese Frage 'mal offen - sie ist mit den Mitteln der klassischen, vorrelativistischen Physik auch nicht widerspruchsfrei zu beantworten. Wir kommen aber im Kapitel "Lösung - "Sagnac" bleibt erhalten - "Michelson" verschwindet !" darauf zurück !
*) ... ganz ehrlich ? Wir haben zwar die aus der Sicht der vorrelativitischen Physik zu erwartenden Laufzeiteffekte berechnet - so wie sie auch in der Literatur zu finden sind, aber mir ist bislang keine praktische Realisierung dieses Experimentes mit einem ruhenden Beobachter und dem bewegten Interferometer bekannt. (Wenn Sie ein solches Experiment kennen, wäre ich an einer Information interessiert. Bitte Email an mich !)
Die vollständige Geschichte sämtlicher Deutungsversuche des Michelson-Experimentes ist sicher sehr spannend und veranschaulicht neben einer Vielzahl von Irrtümern und Sackgassen vorallem auch die Mechanismen des menschlichen Erkenntnisgewinns, die geprägt sind von einer intensiven Suche nach der "Wahrheit" (die es eigentlich nicht gibt) , aber auch von vielen "Rechthabereien".
Ich möchte auf dieses "Gezänk" nicht weiter eingehen bis auf einen Gesichtspunkt, der mir im Zusammenhang mit dem Sagnac-Effekt besonders interessant zu sein scheint -
Quelle: Wikipedia
Sie erinnern sich: Michelson war eigentlich auf der Suche nach dem Trägermedium des Lichtes, dem sog. "Äther".
Die Idee war, dass die Erde, aber auch das Planentensystem mit einer bestimmten Geschwindigkeit durch diesen "Äther" rauscht und die Lichtwelle - ähnlich wie der Schall in bewegter Luft - eine Verzögerung, bzw. eine Mitnahme erfährt, je nachdem, ob der "Ätherwind" entgegen oder in der Ausbreitungsrichtung des Lichtes bläst; das wollte er mit seinem Interferometer zeigen und damit letzten Endes die Existenz dieses Äthers nachweisen.
Das ist - wie schon mehrfach erwähnt - bis heute nicht gelungen !
Nun gibt es aber ein Experiment aus dem Jahr 1913, mit dem Georges Sagnac versucht hat einen ähnlichen Nachweis zu führen, - diesmal allerdings für Drehbewegungen. Im nächsten Kapitel werden Sie sehen, dass die klassische Beschreibung dieses Effektes weitgehend identisch ist mit der Beschreibung des Michelson-Effektes, diesmal aber erbrachte das Experiment einen positiven Befund!
D.h. derselbe Formalismus, - Sie werden sich wundern, wie weitgehend die Übereinstimmung ist ! - der beim Michelson-Experiment vollkommen versagt hat, liefert beim Sagnac-Experiment das exakt richtige Ergebnis. Das war für die Zeitgenossen von Michelson und Sagnac ziemlich irritierend und vermutlich auch der Grund warum die Kritiker der Relativitätstheorie dieses Experiment bis heute immer wieder zitieren, um zu belegen, dass das Michelson-Experiment entweder fehlerhaft ausgeführt, oder falsch interpretiert wird und das deshalb die gesamte Relativitätstheorie Unfug ist ! **)
.
Es wird Zeit, dass wir uns das Sagnac-Experiment etwas näher ansehen; hier geht's weiter.
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**) Vielleicht gelingt es mir am Ende dieses Berichtes den scheinbaren Widerspruch zwischen "Michelson" und "Sagnac" aufzulösen, aber dazu müssen wir mit den verwendeten Begrifflichkeiten und dem "gesunden Menschenverstand" sehr vorsichtig umgehen.